Alles fing im Sommer 2019 an, als Christian die damals brandneuen Druckkammertreiber von Tymphany an verschiedenen Hörnern gemessen hatte und die Ergebnisse sehr überzeugten. Mit der Asathor
entstand daraufhin eine sehr preiswerte Entwicklung, in den Köpfen schlummerte aber schon immer die Idee, auch etwas mit sehr hochwertigen Chassis zu bauen.
Eher im Scherz meinte Oli irgendwann, man könnte auch ganz oben ins Regal greifen und mit dem Faital 18XL2000 ein echtes Monster einsetzen. Wer jedoch Christian kennt, der weiß, dass er für
solche außergewöhnliche Konzepte sehr empfänglich ist. Diese hochbelastbaren Tieftöner haben jedoch einen stolzen Preis und ob sie tatsächlich mit einem tief getrennten Horn harmonieren würden,
war zumindest fraglich. Das Konzept wurde daher schließlich verworfen, der Faital hatte sich allerdings schon fest in Christians Hinterkopf eingenistet und tauchte immer mal wieder in
verschiedenen Gedankenspielen auf.
Im Frühjahr 2021 entstand die Idee, eine sehr pegelfeste, aber dennoch wohnzimmertaugliche Box zu entwickeln. Um genügend Membranfläche im Bass bereit zu stellen, sollte dieser in der Seitenwand
untergebracht werden. 3-Wege waren also unumgänglich und auch der vollaktive Antrieb stand im Lastenheft. Viel Membranfläche, geringer Volumenbedarf und hohe Belastbarkeit in Kombination mit
großem linearen Hub - da passte der 18XL2000 wie die Faust aufs Auge.
Für den Antrieb einer Sub/Sat-Kombi hatte sich Christan kurz davor einen noch recht neuen 4-Kanal Class-D Amp von Thomanns Hausmarke gekauft. Diese Endstufe stellt laut Hersteller 4x500 Watt und
einen frei konfigurierbaren DSP für alle Kanäle zur Verfügung, und das für gerade einmal gut 400€. Kann das wirklich funktionieren? Um es vorweg zu nehmen: Ja, das funktioniert. Und wie!
Die t.amp Quattro 500 DSP haben zwar Lüfter verbaut, diese sind aber so leise, dass man sie in 1m Abstand schon nicht mehr hören kann. Der DSP ist sehr einfach und intuitiv bedienbar, Leistung
ist tatsächlich reichlich vorhanden und falls sich Jemand Sorgen über den Klang machen sollte - es stehen auch zehnmal so teure High-End Endstufen bei Christian, dennoch ist er von der Quattro
500 DSP begeistert. Einzig die PA-Optik und die Abmessungen könnte man als negativen Punkt aufführen, aber dafür sollte jeder eine Lösung finden können.
Nun galt es, die passenden Spielpartner im Mittelhochton zu finden. Als Hochtöner wäre der Beyma TPL150 ein interessanter Kandidat gewesen, allerdings ist dieser ebenfalls sehr kostspielig. Beim
französischen Händler TLHP, der auch die Faital 18XL2000 deutlich günstiger anbietet, gibt es die Schallführung des Beyma-AMTs einzeln zu kaufen. Dieses besteht aus massivem Alu-Druckguss und ist
für unter 50€/Stück vergleichsweise günstig, sodass davon zwei Stück mit in den Warenkorb wanderten.
Am Markt sind mittlerweile einige günstigere AMTs erhältlich, die wir an dieser Schallführung testen wollten. Der Dayton AMTPRO-4 ist so ein Kandidat, der auch von der Größe gut passte und mit
etwa 130€ deutlich bezahlbarer war als das Pendant von Beyma. Wie die späteren Messungen zeigten, läuft dieser Hochtöner an dem Horn schon ab 1kHz sehr gut. Das kann der Beyma auch nicht viel
besser und mit dem DSP hat man hier ja alle Möglichkeiten, zu korrigieren.
Als Mitteltöner standen viele interessante Kandidaten zur Wahl. Die relativ tiefe Trennung wegen des Seitenbasses und die hohen Anforderungen an die Pegelfestigkeit schränkte die Auswahl dann
doch recht rasch ein. Gleichzeitig sollte das Chassis auch im Mittelton möglichst resonanzfrei und linear spielen. Christian vertraute auch hier auf den italienischen Hersteller Faital Pro und
entschied sich letztendlich für den W8N8-150, der alle Anforderungen hervorragend erfüllte. Beim freundlichen Franzosen bleibt der Preis sogar zweistellig pro Stück, was angesichts der Qualität
schon als Schnäppchen durchgeht.
Hier noch einmal die ganze Hardware zusammengefasst:
Bestückung:
Dayton Audio AMT-Pro4
Beyma Horn TPL-150H
Faital W8N8-150
Faital 18XL2000
Elektronik:
2x the t.amp Quadro 500 DSP
Kurz vor einem kleinen Treffen der DAU-Jungs in Bayern stellte Christian dann noch eine Box soweit fertig, dass wir an diesem Wochenende erste Messungen machen und danach ein Ohr riskieren
konnten.
Das Einstellen über den DSP machte dabei viel Freude und es wurden einige Setups gespeichert, allerdings fehlte für eine ernsthafte Abstimmung dann doch die Zeit. Nichtsdestotrotz zeigte die auf
den Namen "Fatally" getaufte Box schon mit der groben Einstellung, dass sie außergewöhnliches zu leisten im Stande ist. Auffällig war vor allem der tiefe, trockene Bass, der auch schon bei
gemäßigten Pegeln sehr souverän wirkte und beim Rechtsdreh des Lautstärkereglers keine Grenzen zu kennen schien. Außerdem viel auf, dass schlecht produzierte Musik wie etwa alte AC/DC-Scheiben,
deren verzerrte Gitarren selbst über sehr gute Lautsprecher bei hohen Pegeln immer für Ohrenschmerzen sorgt, über die Fatally niemals nervig klang.
Von diesem Treffen haben wir leider nur die Messung des Hochtöners gespeichert, da es uns vor Allem darum ging, herauszufinden, ob der Dayton AMT an dem Beyma-Horn funktioniert. Dazu muss gesagt
werden, dass auch der Beyma-AMT an dem Horn nicht superlinear läuft, dennoch gilt er in Fachkreisen als einer der besten Hochtöner überhaupt. Die Messung ließ jedenfalls hoffen:
Fatally HT Winkel
Ein paar kleine Welligkeiten, die man mit dem DSP aber ganz leicht korrigieren kann. Ansonsten sehr schönes Verhalten unter Winkel.
Mitte August, ziemlich genau 2 Jahre nach dem Beginn der Idee mit dem Faital etwas zu bauen, fanden sich die meisten DAU-Mitglieder dann bei Christian im Rheinland ein und konnten endlich den
fertigen Fatally lauschen. Wir waren uns schnell einig, egal ob bei sehr gemäßigter Lautstärke oder bei Pegeln, bei dem der Bass gefühlt den Hörraum in Schutt und Asche legt - diese Lautsprecher
machen ungeheuer viel Spaß und klingen dabei auch noch phantastisch.
Ja, rund 2500€ sind viel Geld für Selbstbaulautsprecher. Allerdings muss man auch bedenken, dass hier massig Verstärkerleistung und ein individuell anpassbarer DSP schon mit an Board ist. Und ja,
der Bass ist im Verhältnis zu den anderen Chassis sehr kostspielig, aber er ist doch jeden Cent wert.
Das einzige, was man der Fatally vorwerfen kann, ist, dass sie das Hobby Lautsprecherbau für Nachbauer wohl für sehr lange Zeit beenden könnte.
Leider hatte Christian die Messungen, mit denen er den DSP damals eingestellt hatte, nicht gespeichert und kurz darauf den Hörraum, der auch zum Messen dient, so umbauen müssen, dass
reflexionsfreie Messungen nicht mehr ohne Weiteres möglich sind. Dennoch wollen wir hier die nicht mehr ganz sauberen Ergebnisse zeigen. Vielleicht ergibt sich in naher Zukunft ja die
Möglichkeit, diese Lautsprecher noch einmal in besserer Umgebung unter die Lupe zu nehmen und die Resultate dann hier nachzureichen.
Fatally MHT Winkel
Hier dargestellt ist nur das Zusammenspiel des Mitteltöners mit dem Hochtöner. Die Betonung im unteren Mittelton und der kleine Einbruch bei 1,9kHz sind auf die beengten Messbedinungen zurückzuführen, wie man beim Vergleich der Hochtonmessung erkennen kann:
Fatally HT neu
Hier zeigt sich ebenfalls die Delle knapp unter 2kHz, welche bei der ersten Messung komplett fehlt. Beschaltet sieht das schon deutlich besser aus:
Fatally HT neu beschaltet
Der Mitteltöner hat natürlich ebenfalls mit der Messumgebung zu kämpfen und auch hier ist wieder die Kerbe sichtbar:
Fatally MT neu
Bis knapp über 1kHz läuft dieser noch ohne große Probleme, dann aber schlägt die Reflexion in der Messung zu und verfälscht das Bild.
Die Trennung von Mittel- und Hochtöner sieht dann so aus:
Fatally MHT + Einzelzweige
Christians Ziel war es, die Chassis nicht todzukorrigieren und ihnen damit ihren Klangcharakter zu rauben. Mit dem DSP der Endstufen wäre es durchaus möglich, die Chassis zu deutlich linearerem
Verhalten zu zwingen, allerdings haben wir festgestellt, dass dies zu einem eher blutleeren und etwas langweiligen Klangbild führt. Und genau das würde zu einem Kaliber wie der Fatally nun
überhaupt nicht passen.
Für Nachbau-Interessenten gibt es hier nun noch die Baupläne, DSP-Einstellungen und einige Bilder, vor Allem wie der Hochtöner am Horn verbaut wird.
Fatally Zeichnung Front
Fatally Zeichnung Seite
Fatally Fusion Modell
Fatally Zuschnittliste
Das komplette Gehäuse wurde aus 22mm MDF gefertigt.
Da der große Seitenbass nahezu die komplette Seitenwand des Tieftongehäuses einnimmt, ist hier kein Platz für Streben. Deshalb hat Christian das ganze Gehäuse mit einer Schicht Bitumen
ausgekleidet:
Gehäuseauskleidung mit Bitumen
In ausgewählten Baumärkten ist Bitumen (z.B. BauderTec KSA, was auch hier zum Einsatz kam) als kaltselbstklebende Rollenware erhältlich und damit deutlich günstiger als die in (Auto-)Hifi-Kreisen
üblichen Bitumenmatten.
DSP-Einstellungen:
Die Einstellungen gelten für den in den Endstufen eingebauten DSP. Leider sind diese nicht unbedingt auf andere DSPs übertragbar.
Fatally DSP Settings Bass
Fatally DSP Settings MT
Fatally DSP Settings HT
Montage Hochtöner am Horn:
Da der AMT nicht für das Horn gemacht ist, muss bei der Montage etwas nachgeholfen werden. Hierfür fertigte Christian schmale Leisten mit einer Fase an, welche sich hinter der Montageplatte des
Horns an die Hornkontur schmiegen:
Vorbereitung Adapter AMT/WG
Frontplatte von AMT gelöst
Verschraubung der Leistchen unter der Montageplatte des WG
Anschließend wird der AMT ohne Frontplatte auf der Montageplatte des Horns zentriert und an den Leisten befestigt:
Den Abschluss nach hinten bildet ein kleines Gehäuse, welches bei den Innenmaßen genau der HT-Länge (172mm) und Montageplattenbreite (130mm) entspricht. Das Gehäuse sollte aber direkt beim Bau ausgemessen werden, da die Lötfahnen etwas vorstehen und genaue Angaben dadurch schwierig sind. Die Höhe des Gehäuses beträgt innen etwa 50mm. Hier könnte man evtl. auch noch etwas mit der Bedämpfung experimentieren, im Original ist lediglich der dem AMT beiliegende Filz auf der Rückseite des Hochtöners befestigt (wie im vorangegangenen Bild zu sehen). Das Gehäuse wird dann auf den Leisten befestigt und dichtet so den Hochtöner gegen die Druckschwankungen des Mitteltöners ab. Bei der Fertigung dieser Konstruktion ist genaues Arbeiten erforderlich, um eine hinreichende Dichtigkeit zu erreichen. Auch dem Horn hat Christian eine Lage Bitumen spendiert:
WG mit Bitumen bedämpft
Die Fatally macht im Hörraum, eine gute Figur und das nicht nur optisch. Sie kann natürlich auch verdammt viel Krach machen. Aber auch das ist noch nicht alles. Auch die leisen Töne beherrscht dieser Ausnahmelautsprecher.