Winter Blues - 9 Liter, 87dB, 50Hz, punchiger Bass

Wir hatten einen dieser typischen, nasskalten Wintertage. Es wollte nicht richtig hell werden, das Wetter war eine einzige graue Suppe, und nicht einmal der Hund hätte vor die Tür gewollt. An genau solchen Tagen entstehen aus verrückten Ideen mitunter recht interessante Dinge. So geschehen mit dem kleinen Kompaktlautsprecher, den wir an dieser Stelle präsentieren. Unsere beiden Mitglieder Alex und Gazza kamen in einem Gespräch auf ein kleines, preiswertes Chassis aus dem Hause FaitalPro zu sprechen. Im Internet war Alex einige Tage zuvor auf einen Test des 5FE120 gestoßen, der recht vielversprechende Ergebnisse zutage brachte. Gazza erinnerte sich gleich an ein Paar des Bruders 5FE100, welches er in der 4 Ohm Ausführung vor einiger Zeit aus reiner Neugierde mal mitbestellt hatte. Grund genug, dem kleinen 5 Zöller mal auf den Zahn zu fühlen, um herauszufinden, ob er die guten Gene des 120ers teilen kann.

Eine schnelle Ermittlung der TSP mit DATS wies den kleinen Italiener als durchaus brauchbaren Kandidaten für eine kleines Bassreflex Gehäuse aus.

Eine im Anschluss mittels AJHorn durchgeführte Simulation zeigte, dass ein Volumen zwischen 9 und 11 Litern die ideale Behausung für das Chassis darstellt. Wir haben uns für die kleinere Variante entschieden, die zu einer unteren Grenzfrequenz von 50Hz führt, und auf die letzten 2 Hz mehr Tiefgang zugunsten besserer Pegelfestigkeit verzichtet.

So weit, so gut, aber was nützen all die erfreulichen Werte, wenn der Frequenzgang des Chassis nicht mitspielt. Um auch in diesem Punkt zu überprüfen, ob der 5FE100 mit seinem Bruder gleich zieht, wurde das Chassis in ein übrig gebliebenes Testgehäuse mit praxisgerechter Schallwandbreite geschraubt. Wie gehofft, zeigte sich der Töner auch in dieser Disziplin von seiner Schokoladenseite. Am oberen Ende seines Übertragungsbereichs zeigen sich zwar ein paar kräftigere Resonanzspitzen, die aber mit einem preiswerten Saugkreis ihrer Giftigkeit beraubt werden können.

Um eine Vergleichbarkeit mit der Messung aus dem Datenblatt zu ermöglichen, haben wir diese auf eine 50dB Range skaliert.

Die Messungen sind, abgesehen durch den Effekt des Baffle Steps tendenziell sehr ähnlich, wobei die reale Messung insgesamt noch glatter ist, als die aus dem Datenblatt. Sogar die Kerbe bei etwa 3,8kHz entspricht der Kurve aus dem Datenblatt ziemlich genau. Bravo FaitalPro.

 

Das war der Moment, in dem für uns klar war, dass wir diesen kleinen Knaben mit einem irgendwie gearteten Hochtöner zu einem Gemeinschaftsprojekt werden lassen. Natürlich sollte der Hochtöner sich in seinem Arbeitsbereich ebenso mustergültig verhalten und gleichzeitig in preislicher Hinsicht zu dem Tiefmitteltöner passen. Unsere Wahl fiel recht schnell auf die Peerless BC25TG15-04. Dieser Hersteller ist bekannt für exzellente Qualität und Preiswürdigkeit. Beide Chassis sind zusammen für unter 40,- Euro zu bekommen.

Gazza erschien daraufhin am Wochenende  14.02.20 - 16.02.20 mit zwei Testgehäusen in der Exklusiv-Variante Spanplatte roh zum ersten D.A.U. Treffen dieses Jahres. Die beiden hatten beschlossen, den Lautsprecher, für den zuvor bereits einige Simulationen entstanden waren, während dieser Veranstaltung zu vervollständigen. Natürlich hatte Gazza bereits vorher Messungen der Kalotte in den Testgehäusen angefertigt. Diese stellten ein insgesamt gutes Gesamtergebnis in Aussicht.

Natürlich war geplant, die Beschaltung, passend zu den Chassis, so preiswert wie möglich zu gestalten. Andererseits galt es auch zu beachten, dass die Beschaltung so erfolgt, dass sich ein unkritischer Impedanzverlauf einstellt, der einen problemlosen Betrieb mit jedem handelsüblichen Verstärker möglich macht. Schließlich handelt es sich bei den Chassis um 4 Ohm Typen, bei denen der unvorsichtige Einsatz von Korrekturschaltungen die Impedanzkurve schnell in die Knie zwingt. So wurde die Korrektur des Baffle Step Effekts mit einem Sperrkreis bewerkstelligt, anstelle eines häufig zum Einsatz kommenden Saugkreises. Die finale Simulation zeigt ein überzeugendes Resultat, welches sich hoffentlich in der Realität bestätigen wird.

Voller Erwartung wurde im Messraum die Frequenzweiche gesteckt. Im nächsten Schritt erfolgten sodann die Messungen.

Die obige Grafik zeigt den Frequenzgang auf Achse mit gefügtem Nahfeld, jedoch ohne den Anteil des Ports. Sehr schön ist die Abstimmung des Lautsprechers auf etwa 55 Hz, sowohl in der Nullstelle der Nahfelderfassung, als auch in der Impedanzkurve zu sehen. Dank des Einsatzes eines Sperrkreises anstelle eines Saugkreises zur Korrektur des Baffle Steps, bleibt die Impedanz über den gesamten Frequenzbereich oberhalb der 4 Ohm Marke. Auch unter Winkeln zeigt sich ein insgesamt ordentliches Abstrahlverhalten.

Die Schaltung der Frequenzweiche konnte mit erfreulich geringem Aufwand realisiert werden. Zudem handelt es sich bei den verwendeten Spulen um solche mit kleinen Werten. Die Weichen passen deshalb auch in preislicher Hinsicht hervorragend in das Konzept "Winter Blues". Im Warenkorb sind zwar Folienkondensatoren für den Hochpass vorgesehen. Es spricht aber rein gar nichts dagegen, diese durch schlichte Elkos zu ersetzen.

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Nach der Entwicklung der Ur-Winter Blues hat Gazza sich dem Design des Lautsprechers nochmal angenommen und ihn bzgl. der Proportionen etwas gefälliger gestaltet sowie der Box unter dem Tieftöner ein Weichenfach spendiert. Dieses 'Advanced Design' ist untenstehend abgebildet und es entspricht den hier im Artikel gezeigten Photos. Das etwas ältere Original-Design bilden wir hier nicht mehr ab, bieten es aber zum Download an, für diejenigen, welche die Winter Blues sehr kompakt bauen wollen.

Zuerst wird der Korpus beginnend auf einer Seitenwand in 'Sandwich-Bauweise' geleimt. Dabei daran denken, die kleinen Eckleisten (rot im Bauplan / ca. 4 x 4 cm) einzuleimen, damit beim späteren Anbringen der schrägen Fasen kein Loch auf der Front entsteht. Sollten diese Eckleisten später leicht in den Ausschnitt des Hochtöners hineinragen, kann man den Überstand leicht mit einer Raspel entfernen.

Dann empfiehlt es sich, die Chassis anzuzeichnen, um die Fasen möglichst symetrisch anzubringen. Ebenso können nun Zuleitungen für die Chassis gelegt und Anschlüsse gebohrt werden.

Wer die Box, wie im Bild oben von unserem Mitglied Gazza gezeigt, furnieren möchte, sollte dann erst furnieren und das Furnier schleifen und alle Schichten Lack oder Hartwachsöl, bis auf die letzte, auftragen.

Dann werden die Ausschnitte für Chassis, Port, etc gefräst. So können evtl. entstehende Kratzer durch den Fräszirkel beim Auftrag der letzten Schicht 'bereinigt' werden, während das bereits behandelte Furnier für das Fräsen 'ausgehärtet' ist und nicht ausreisst.

Die Bedämpfung ist recht einfach: Deckel, Rückwand und Seiten mit Noppenschaum bekleiden. Hinter dem Tieftöner und hinter dem Hochtöner etwas Sonofil so einbringen, dass es die 'Sicht' auf den Port nicht behindert.

Beim Port kann man den Weg gehen, ihn zunächst (bei 5cm Durchmesser) etwas länger zu lassen und nach Aufstellung und Geschmack dann in Richtung 10cm Länge zu kürzen. Bei Ports mit 4,5cm Durchmesser kann man bedenkenlos direkt auf 10cm Länge kürzen.

Port und Chassis einpressen bzw. einschrauben. Die Weiche kann dann ganz zu Schluß bequem bei auf dem Kopf stehenden Lautsprecher im Weichenfach unter der Box eingeschraubt werden. Danach sollte dem Hörgenuß nichts mehr im Wege stehen.

 

 

Wir haben das neue Design der Winter Blues zum Anlass genommen, die Box nochmal ausgiebig zu hören. Es ist nach wie vor ein Lautsprecher mit hohem Spaßfaktor der Alex zu folgendem Kommentar veranlasste: "Mehr Lautsprecher braucht man eigentlich nicht!"

 

 

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Winter Blues Advanced Design Aufbau
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Winter Blues Advanced Bedaempfung
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Die Weichen- und Baupläne sind für private Nutzung freigegeben. Jegliche Form der gewerblichen Nutzung oder Verbreitung ohne vorherige Absprache ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt.

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Links

  • donhighend.de: Alex baut seit einer gefühlten Ewigkeit Lautsprecher und teilt sein Wissen über seine Site / D.A.U. Mitglied
  • www.gazza-diy-audio.de: relativ neu in der Szene, daher noch wenige aber überzeugende Projekte / D.A.U. Mitglied
  • Roul-DIY: Newcomer in der Entwickler Szene / D.A.U. Mitglied
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