Pimp my Kenwood M-7000S-B Speaker

Beim Projekt zur Rayo waren zwei Lautsprecher der Micro-Anlage Kenwood M-7000S-B übrig. Zum Wegwerfen waren die zu schade, aber klanglich waren sie selbst für Hintergrundbeschallung nur bedingt geeignet.


Um die Selbstbau-Neugier zu befriedigen, wollte ich testen, ob man mit einer angepassten Weiche vielleicht mehr aus dem Lautsprecher herauskitzeln kann. Also habe ich als erstes den Bespannrahmen entfernt. Der ist in den 4 Ecken mit Stiften und einem zähelastischen, aber nicht sehr kraftvollen Kleber befestigt. Mit einem stumpfen Messer oder einem großen Schraubendreher kann man den Rahmen recht einfach vorsichtig abhebeln.

Darunter kamen die beiden Chassis zum Vorschein. Ein 4" Tiefmittel- sowie ein Konushochtöner wandeln elektrische in akustische Signale um.

Nach dem Ausbau der Chassis fand ich dann heraus, dass der TMT gar nicht beschaltet ist und der HT nur einen kleinen 2,2µF Elko erhielt, um ihn vor frühzeitigem Ableben zu retten.

Der TMT durfte als erstes zeigen, welche TSP in ihm steckten. Durch den relativ großen Magneten war ich eigentlich zuversichtlich, dass man damit eine einigermaßen ordentliche Abstimmung hin bekommen kann. Doch leider konnte er die Erwartungen überhaupt nicht erfüllen:

Eine Gesamtgüte Qts von 1,5 spricht eigentlich dafür, das Chassis dem Elektroschrott zuzuführen. Theoretisch könnte man versuchen, die Situation mit GHP zu retten, aber dafür hat der kleine TMT eine viel zu hohe Resonanzfrequenz Fs.


Das originale Bassreflexgehäuse bietet etwa 4 Liter Volumen und wie zu erwarten war, gleicht diese Abstimmung dem Profil einer Achterbahn:

Der dicken Oberbassüberhöhung folgt immerhin ein Tiefgang bis in die 50Hz Region, auch wenn dies nur mit einem massiven Überschwinger erreicht wird.


Alle Versuche, diese Macken mit einfachen Mitteln zu verbessern, schlugen leider fehl. Mit einem unausgewogenen Verhalten im Bass muss man also leben.

Aber vielleicht haben die Chassis oberhalb vom Tiefton ja doch noch etwas zu bieten. Dafür wurde erst einmal die Box als Ganzes gemessen:

Die Messung war nicht weiter verwunderlich. Da der TMT unbeschaltet läuft, zeigt sich ab 800Hz der Baffle-Step. Bei etwa 3,5kHz machen sich die vorstehenden Kanten und der Bespannrahmen in Form eines Einbruchs auf Achse bemerkbar. Bis zu diesem Punkt läuft der TMT aber ganz ordentlich.


Im Hochton zeigt sich jedoch ein recht chaotisches Bild. Das erinnert eher an einen schlechten Breitbänder denn an eine 2-Wege Box. Also wurden Messungen der einzelnen Chassis angefertigt.

Der Tiefmitteltöner misst sich einzeln fast so, wie es die komplette Box tut. Damit kann man durchaus arbeiten.

Der HT zeigte jedoch schon bei der Messung auf Achse, dass er seinen Namen kaum verdient hat. Das ist extrem unausgewogen und im Prinzip nicht brauchbar. Jeder investierte Cent in eine Weiche wäre hier verschwendet.

Ich wollte das Projekt aber noch nicht sterben lassen und habe überlegt, womit man den HT ersetzen könnte. Mein Blick schweifte dabei über die Aquinta, die ich vor vielen Jahren mal gebaut hatte. In ihr steckt der extrem preiswerte Aurasound FT1-81-8. Mit 3,70€ passt er nicht nur preislich optimal in so ein Projekt, er hat seine erstaunlichen, akustischen Qualitäten schon in mehreren DAU-Lautsprechern unter Beweis gestellt.


Noch dazu passte er perfekt in den originalen Ausschnitt der Kenwood-Box, und die Messung (ohne den beim FT1 fest verbauten 3,3µF Cap) machte Hoffnung:

Von 6kHz ab aufwärts ist das nahezu perfekt, und die leichte Überhöhung darunter sollte mit der Weiche recht einfach in den Griff zu bekommen sein.

Also wurden die Messungen in Vituixcad geladen und nach wenigen Handgriffen erhielt ich ein erstaunlich gutes Ergebnis:

Abgesehen vom Einbruch bei 3,5kHz durch die Gehäusekanten, läuft die Box nun sogar sehr ausgewogen im Mittelhochton. Das hat man auch von erheblich teureren Lautsprechern schon deutlich schlechter gesehen.

Die Weiche dafür ist relativ einfach, benötigt beim TMT aber einen Saugkreis:

Um Kosten zu sparen, kann man den 2,2µF Elko in der Hochtonweiche verwenden, der beim originalen Hochtöner verbaut war. Er ist aber qualitativ nicht gerade hochwertig. Ein sehr guter 2µF CrossCap kostet gerade einmal 1,89€, das sollte man meiner Meinung nach investieren. Ob ein 2µF oder 2,2µF Cap verwendet wird, ist nahezu egal. Mit dem kleineren Kondensator wird der Präsenzbereich einen Hauch angenehmer.

 

Die Weiche, inklusive Hochtöner, kostet aktuell (Stand September '25) ca. 28€ pro Box.

Lohnt sich nun der Pimp auch klanglich?

Der Hörtest offenbarte eine wirklich ausgewogen und angenehm spielende Box. Natürlich war der Bassbereich nicht besonders straff und sauber, aber die Betonung im Oberbass sorgte dafür, dass man den Eindruck hatte, einen größeren Lautsprecher zu hören.

Bei dem Ausgangsmaterial kann man selbstverständlich keinen superneutralen Monitor erwarten, dennoch war es erstaunlich, wie natürlich Stimmen und Instrumente wiedergegeben wurden.

Der direkte Vergleich zur originalen Box zeigte dann einen frappierenden Unterschied. Diese plärrte und quäkte vor sich hin, dass man nur den Kopf schütteln konnte. Der Pimp spielt um Welten besser.

Ob für die Werkstatt, das Kinderzimmer oder die Studentenbude - wenn es nicht zu laut werden muss und man einfach nur entspannt Musik hören möchte, ist das nicht die schlechteste Wahl.

Eine Handvoll Polyesterwatte, Fibsorb oder was sonst noch irgendwo herum liegt, kann man gerne noch ins ansonsten leere Gehäuse stopfen. Ganz ohne Dämpfung klingt es tatsächlich ein wenig hohl.

Da man in das Gehäuse nur durch den recht kleinen TMT-Ausschnitt kommt, kann man die Weiche auch auf der Rückseite befestigen.

 

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Links

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