Gargamel - Low Budget Party PA-Sub

Bei der Entwicklung der Azrael war schnell klar, dass dafür auch ein passender Sub mit ordentlich Pegelfestigkeit, aber sehr geringem finanziellen Aufwand entstehen sollte. Das dafür passende Chassis, der the Box 15LB075-UW4, geistert schon sehr lange in meinem Kopf herum, da er trotz des extrem geringen Preis von damals 55€ (mittlerweile kostet er stand heute 68€, was noch immer als extrem günstig gelten darf) durchaus ernstzunehmende Talente für laute Basswiedergabe mitbringt. Neben der in diesem Preisrahmen alles Andere als selbstverständlichen 3" großen Schwingspule, die für ausreichende Belastbarkeit sorgt, bringt dieses Chassis auch noch sehr praxisgerechte Parameter mit.

Damit sind sehr viele Abstimmungen möglich, ich wollte aber nicht noch einen weiteren Bassreflex-Sub entwerfen, wie es ihn ohnehin schon an jeder Ecke gibt. In früheren Car-Hifi Zeiten spielte einmal für kurze Zeit ein Syrincs BP 15-500 in meinem Escort und brachte selbst mit der bescheidenen Leistung meiner kleinen 4-Kanal Endstufe einige Mitfahrer an ihre Grenzen. Der Syrincs war ein ziemlich mächtiger, doppelt ventilierter Bandpass mit einem PA-15" - warum also nicht dieses Prinzip hier wieder aufgreifen!?

Ich erkläre im Folgenden die Entstehungsgeschichte und die daraus gewonnenen Erkenntnisse, welche zu einer Anpassung des Bauplans gegenüber der Simulation führten. Wer nicht so viel lesen will, kann gerne direkt zum Bauplan weiterscrollen.

Los ging es erst einmal mit entsprechenden Simulationen. Doppelt ventilierte Bandpässe (6th order) haben den Ruf, sehr schwer abzustimmen zu sein. Eigentlich ist es aber auch nicht wirklich schwerer als bei einem normalen Bassreflex-Sub, nur dass man eben statt einer, zwei Kammern abstimmen muss. Die beiden Kammern und deren Abstimmung entscheiden darüber, in welchem Frequenzbereich der Bandpass nennenswerten Schalldruck liefern kann. Das größere der beiden Abteile wird dabei im Prinzip genau so abgestimmt, wie man es von einem BR-Sub kennt. Dazu kommt dann noch ein kleineres Abteil, welches auf die obere Grenzfrequenz hin abgestimmt ist. Dies macht schon mal deutlich, dass man eher größere Gehäuse als bei normalen BR-Subs benötigt, denn bei denen entfällt ja die zweite Kammer.


Warum dann aber überhaupt einen Bandpass? Die Antwort darauf ist der erhöhte Kennschalldruck, den man mit einem Bandpass erzielen kann. Ich habe zum Verständnis im Folgenden ein paar Simulationen getätigt, die dies verdeutlichen:

Der 15LB075-UW4 benötigt für eine saubere BR-Abstimmung rund 120L (schwarz) und bietet dafür Tiefgang bis ca. 44Hz (f3). Aufgrund der gutmütigen TSP sind aber auch in lediglich 100L schon beachtliche 47Hz drin (blau). Für die Größe ist das wirklich sehr beachtlich.


Gönnt man dem Chassis nun noch die zweite, auf 100Hz abgestimmte Kammer vor dem Chassis und macht ihn damit zum Bandpass, erhält man die rote Kurve. Auch hier liegt der -3dB Punkt bei rund 47 Hz, der Kennschalldruck liegt allerdings gemittelt etwa 3dB über dem Bassreflex-Sub. Nun hören sich 3dB auf dem Papier erst mal nach nicht sonderlich viel an, das entspricht allerdings der doppelten Verstärkerleistung. Für den gleichen Pegel muss man den BR-Sub also mit doppelt so viel Leistung versorgen wie den Bandpass - oder andersrum: Der Bandpass kommt mit halb so viel Leistung aus. Das ist vor Allem bei solchen Low-Budget Geschichten ein echter Vorteil.

Da man auch sehen kann, dass die Ausgewogenheit ein wenig leidet, bleibt nun noch die Frage, ob sich das Konzept klanglich negativ bemerkbar machen würde. Dafür musste von der Theorie in die Praxis gewechselt und ein Gehäuse gebaut werden.
Da das Ergebnis unsicher war, entschied ich mich für ein Testgehäuse aus OSB und nutzte für die Reflexkanäle KG-Rohre. In der großen Kammer kam ein 50cm langes DN125 zum Einsatz, welches vom Anschlussflansch befreit und einmal in der Mitte geteilt genau die erforderliche Länge ergab. Bei der kleinen Kammer entschied ich mich für DN100. Auch hier genügt ein 50cm langes Rohr, dieses musste allerdings in 4 gleich lange Stücke aufgeteilt werden.

Immer wieder kann man in Foren oder FB-Gruppen lesen, dass "offene" Gehäuse wie BR oder hier der doppelt ventilierte Bandpass nicht so stark verstrebt werden müssen wie Geschlossene, da sich angeblich nicht so viel Druck aufbauen kann. Nun, das gilt vielleicht für den Bereich deutlich unter, und bei diesem Bandpass auch deutlich über der oberen Abstimmfrequenz. Dazwischen, also im Nutzbereich, herrscht allerdings ein enormer Druck im Gehäuse und daher ist es bei solchen Bauformen genauso wichtig, auf möglichst hohe Steifigkeit und auch Dichtheit des Gehäuses zu achten.


Bei der großen Kammer hat man für Verstrebungen genügend Platz, wobei man dies auch noch deutlich besser als bei meinem Testgehäuse machen kann und sollte:

In der kleinen Kammer ist jedoch recht wenig Platz für Streben, daher habe ich es riskiert und sie hier weg gelassen.

Wie sich später herausstellen sollte, war das nicht die beste Idee, denn vor allem die beiden Platten, die auf den Fotos noch fehlen, vibrierten im Betrieb so stark, dass sich auch im Impedanzverlauf eine deutliche Störung bei 120Hz abzeichnete:

Hier also noch einmal der Apell an geneigte Nachbauer: Lieber eine Strebe zu viel als zu wenig!

Apropos Impedanz: Hier kann man sehr schön die Abstimmfrequenzen der beiden Kammern ablesen. Sie befinden sich dort, wo die Impedanz ihren tiefsten Punkt zwischen den drei Spitzen erreicht. Für die größere Kammer war eine Abstimmung auf 46Hz angestrebt, und wie man sehen kann, stimmt das Ergebnis sehr gut mit der Simulation überein.


Die kleinere Kammer hatte rechnerisch eine Abstimmfrequenz von 100Hz, hier sehen wir eine deutliche Abweichung, denn der tiefste Punkt liegt bei etwa 84Hz. Welchen Grund gibt es für diese Abweichung?


Schauen wir uns noch einmal die Bilder vom offenen Gehäuse an, können wir erkennen, dass die beiden 125er Rohre in der größeren Kammer am inneren Ende zu allen Seiten reichlich Luft haben. Die vier 100er Rohre in der kleineren Kammer enden innen dagegen ziemlich nah an den Gehäusewänden. Diese Nähe zu den angrenzenden Flächen verursacht eine akustische Verlängerung der Rohre - und damit eine tiefere Tuningfrequenz als in der Simulation errechnet.


Dennoch wollte ich den Sub erst einmal in der Praxis testen, bevor ich das Gehäuse wieder auseinander nehme. Als Spielpartner standen natürlich die Azrael bereit:

Die Filter wurden vor dem Betrieb auf grob 80Hz für Hoch- und Tiefpass eingestellt und anschließend noch der Pegel soweit anglichen, dass der Sub sich harmonisch einfügte. Eine gewisse Neigung zum Dröhnen konnte allerdings nicht geleugnet werden. Grund dafür waren die schwingenden Gehäusewände, welche auch durch die darauf stehende Azrael nicht nennenswert gedämmt wurden. Ich bat daher einen zufällig vorbeischauenden Freund, sich auf den Sub zu setzen (leider gibt es davon kein Bild). Dank seiner >100kg beruhigten sich die Wände dann doch so weit, dass sich die Vibrationen nicht mehr klanglich negativ bemerkbar machten. Und nun konnte der Sub auch zeigen, was er wirklich kann. Die "hell freezes over" Live-Aufnahme von Hotel California der Eagles ist für ihren beeindruckenden Bass am Anfang des Songs berühmt - und Gargamel lieferte genau den Punch in die Magengrube, den man hier erwartet, aber nur selten wirklich eindrucksvoll geliefert bekommt. Auch die Infected Mushrooms durften kurz ran, um auszuloten, wo denn die Grenzen des Subs in Punkto Tiefgang liegen. Natürlich ist dies kein Tieftsbassmonster und daher für Heimkinos nicht unbedingt erste Wahl, allerdings lies Gargamel auch hier kaum etwas vermissen. Bandpässen wird oft eine etwas schwammige Wiedergabe nachgesagt, also durfte ein Test mit schnellen Bassläufen natürlich nicht fehlen. Das neue und langerwartete Album von Darkane namens Inhuman Spirits kam da wie gerufen, denn was Peter Wildoer darauf einmal mehr abliefert, lässt jedes Drummerherz höher schlagen. Selbst bei schnellen Blastbeats verlor Gargamel nie die Übersicht und machte richtig viel Spaß. Das war alles andere als träge und erinnerte klanglich sogar eher an einen geschlossenen Sub.


Für Partys könnte er allerdings im oberen Bassbereich noch etwas mehr Druck liefern, was ganz klar auf die etwas zu tiefe Abstimmung der kleinen Kammer zurückzuführen ist. Und auch wenn mein Kumpel den Massagesitz ganz angenehm fand, musste natürlich eine andere Lösung für dieses Problem gefunden werden.

Folglich musste das Gehäuse noch einmal überarbeitet werden, bevor mal den Sub schlussendlich beurteilen konnte.

Ich habe also Boden und Deckel noch einmal abgenommen und mittels Versteifungskreuz aus Resten verstärkt. Und da die Kammern bereits offen waren, konnte auch gleich die obere Abstimmung des Bandpasses erhöht werden.


Hierzu habe ich die vier Reflexrohre der kleinen Kammer um etwa 25% auf rund 9cm Länge gekürzt. Leider kann man sich in diesem Fall nur schätzungsweise der Simulation annähern, denn erst die Impedanzmessung bei wieder fertig zusammengesetztem Gehäuse liefert verlässliche Werte.

Die Messung bestätigte, dass die Versteifungsmaßnahmen erfolgreich waren. Wo vorher bei ca. 120 Hz noch eine Störung erkennbar war, bleibt der Verlauf nun weitgehend sauber.


Die gekürzten Rohre brachten die Abstimmung von rund 84Hz auf etwa 93Hz - nicht ganz die anvisierten 100Hz, allerdings nahe genug dran um nicht noch weitere Modifikationen nötig zu machen. Im Bauplan werde ich das Ergebnis jedoch berücksichtigen und die Rohre noch etwas kürzer angeben.

Natürlich wurde anschließend ein weiterer Hörtest durchgeführt. Sofort auffällig war, dass die Neigung zum Dröhnen nun auch ohne zentnerschwere Dämmungsmaßnahmen nicht mehr vorhanden war. Und auch der Punch im Oberbass schien noch druckvoller zu sein, ohne Kontur vermissen zu lassen. Das macht bis zu erstaunlich hohen Pegeln höllischen Spaß, was für einen Anschaffungspreis von gerade einmal gut 120€ inkl. Gehäuse in Punkto Preis/Leistung wohl kaum zu schlagen sein dürfte.

 

Um auch beim Antrieb möglichst wenig Geld auszugeben ohne qualitative Einbußen zu befürchten, habe ich ein Experiment gewagt, welches mindestens im Sinne von Nachhaltigkeit interessant ist. Mehr dazu gibt es hier zu lesen.

 


BAUPLAN:

Materialstärke 19mm.


Beide Kammern sollten möglichst gut verstrebt werden. Mindestens je eine Kreuzstrebe zwischen den Seitenwänden sowie eine Kreuzversteifung auf Boden bzw. Deckel. Geringe Abweichungen des Volumens durch die Streben sind vernachlässigbar. Im Zweifel lieber 2 Liter weniger Volumen und dafür ein stabileres Gehäuse. Natürlich sind 140L umbauter Raum nicht gerade kompakt und bei entsprechend massiver Bauweise auch relativ sperrig. Transportrollen mit Bremse sind daher eine gute Idee - so ist der Sub auch gleich vom Boden entkoppelt.

 

Der Bauplan ist für private Nutzung freigegeben. Jegliche Form der gewerblichen Nutzung oder Verbreitung ohne vorherige Absprache ist untersagt und wird strafrechtlich verfolgt.

Wie ich in unzähligen Simulationen festgestellt habe, kann man den Gargamel mit relativ kleinen Einbußen im Tiefgang, auch noch deutlich kompakter bauen. Da ein guter Freund hierfür auch schon Bedarf angemeldet hat und ich noch einen 15LB075-UW4 übrig habe, wird es also bald noch eine kleinere Version des Subs geben. Stay tuned...

 

Hier geht's zu den passenden Power Satelliten Azrael

Kommentare: 0

Shops rund um das Hobby

  • Blitzsauberen Support für DIYler und interessantes HiFi-Material bietet im neuen Quint Store das Team um Nico Germanos
  • Sica Chassis zu deutlich günstigeren Preisen als bei deutschen Händlern gibt es bei Jukebox-Revival in den Niederlanden
  • Breit gefächtertes Angebot an Chassis, etc:  Lautsprechershop.de
  • Bauteile für Weichen findet man ebenso im Quint Store
  • große Auswahl an Chassis und günstige Preise in Frankreich (manchmal längere Lieferzeiten aber absolut seriös): TLHP
  • Chassis, Weichenteile und öfters mal Angebote bei Intertechnik

Links

  • donhighend.de: Alex baut seit einer gefühlten Ewigkeit Lautsprecher und teilt sein Wissen über seine Site / D.A.U. Mitglied
  • www.gazza-diy-audio.de: relativ neu in der Szene, daher noch wenige aber überzeugende Projekte / D.A.U. Mitglied
  • Roul-DIY: Newcomer in der Entwickler Szene / D.A.U. Mitglied
  • Hilfe, Chassistest, Grundlagenartikel und vieles mehr sind bei HSB zu finden. Abo ist nicht zwingend, aber es lohnt sich, im Abo den vollen Zugriff auf die Artikel und die Software zu haben!
  • nützliche kostenlose Software zum Download: Tolvan